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„Man darf bis zum Ende des Lebens hoffen“ - ein Gespräch

Autor Dietmar Mascher

Hoffnung: Menschen, die unheilbar krank sind. Mediziner, die nicht mehr heilen können. Der Tod als Teil des Lebens. Kein Umfeld, das man mit dem Begriff Hoffnung verbindet. Aber wer mit Gerhard Hochreiner, dem Leiter der Palliativabteilung im Kepler-Klinikum Linz, darüber spricht, hat nie das Gefühl, mit Hoffnungslosigkeit konfrontiert zu sein.

OÖNachrichten: Sie sind Leiter der Abteilung Palliativmedizin. Menschen, die von Ihnen behandelt werden, sind unheilbar krank. Ist das eine Abteilung ohne Hoffnung?

Hochreiner: Nein, auch bei uns gibt es Hoffnung. Sie ist vielleicht weiter gefasst und bezieht sich aber auf andere, auch erstrebenswerte Dinge. Etwa möglichst kein Leid zu verspüren, nicht allein zu sein, Geborgenheit zu erfahren, bestimmte Dinge zu erledigen. Für viele Menschen ist es auch eine Gelegenheit, sich mit nahestehenden Menschen auszusprechen.

Das Gegenteil der Hoffnung ist Hoffnungslosigkeit, die Verzweiflung. Wie gehen Sie damit um?

Verzweiflung ist eine Situation, wenn Patienten überfordert sind. Etwa mit der Erfahrung, dass man unheilbar krank ist, dass das Leben endlich ist. Wenn bestimmte Körperfunktionen versagen, das bisher Selbstverständliche wie eine gewohnte Leistung nicht mehr erbracht werden kann.

Wie gibt man dann Hoffnung?

Man kann sie nicht erzwingen. Was wir anbieten können, ist, jemanden zu begleiten. Patienten ernst zu nehmen. In Ausnahmesituationen können Menschen auch reifen. Manche verleugnen bis zum Schluss ihre Krankheit, manche nehmen die Hilfe an. Das kann dann auch mit Hoffnung verbunden sein.

Welche Rolle spielen in dieser Situation Glaube und Spiritualität?

Das spielt bei den meisten Patienten eine Rolle. Wobei es gar nicht darum geht, dass jemand religiös ist. Ein Patient, dem klar war, dass er in absehbarer Zeit sterben würde, hat einen sehr positiven Zugang zum Tod entwickelt. Als er mich sah, hat er gerufen: Das Universum wartet auf mich. Er war von der Familie umsorgt und hat für sich Hoffnung gefunden. Das ist aber nicht immer so. Es ist nicht alles schön. Manche können sich bis zum Schluss nicht öffnen.

Der Begriff „palliativ“ kommt vom Wort ummanteln oder umhüllen. Wie verstehen Sie Ihre Rolle?

Der Mensch ist an seinem Lebensende ähnlich schutzbedürftig wie bei der Geburt. Diesen Schutz wollen wir gewähren.

Ich gehe davon aus, dass Sie Arzt geworden sind, um Menschen zu heilen. Jetzt ist das nicht Ihre Aufgabe. Ist das frustrierend?

Tatsächlich gibt es in meinem Beruf Gruppen, die mehr mit Heilung zu tun haben, wie Chirurgen oder HNO-Ärzte. Andererseits fängt unsere Arbeit erst an, wenn Menschen austherapiert sind. Wobei es mir bei diesem Wort stets die Haare aufstellt. Aber es ist auch so, dass man viel zurückbekommt, wenn wir versuchen, die Zufriedenheit der Patienten zu erhöhen, sie sorgsam zu pflegen und Beschwerden lindern.

Wie gehen Sie mit der regelmäßigen Erfahrung mit dem Tod um? Lassen Sie das an sich heran?

In unserer Gesellschaft muss alles prächtig und bunt sein. Ich empfinde den Tod nicht als negativ, sondern als Bestandteil des Lebens. Darüber muss man reden. Wir tun das bei Reflexionen im Team. Mit manchen Patienten baut man eine engere Beziehung auf, mit manchen nicht. Aber man kann auch lernen, weil in unserem Umfeld Hoffnung auch oft auf erreichbare Ziele relativiert wird.

Was bedeutet Hoffnung für Sie selbst?

Grundsätzlich ist das für mich die Erwartung, dass sich etwas zum Positiven wendet. Wobei ich grundsätzlich ein Problem mit einer rein positiven Bewertung des Begriffs habe.

Das ist bemerkenswert, weil Hoffnung im Griechischen elpis und im Lateinischen spes früher keine rein positive, sondern eine eher neutrale Bedeutung hatte.

Ich sehe die Hoffnung eher als Erwartung auf eine Wende, dass sich zum Beispiel von negativ in neutral verändert.

Was sagen Sie zu dem Spruch „Die Hoffnung stirbt zuletzt“?

Das ist leicht dahingesagt, aber eine gewisse Wahrheit steckt schon dahinter. Es ist auf alle Fälle berechtigt, bis zum Lebensende Hoffnung zu haben. Und sei es nur, bestimmte Dinge zu Ende zu bringen. Manchmal sind das auch sehr weltliche Dinge wie die Regelung des Nachlasses.