Manfred Hummer

Mandi, noch gestern habe ich wieder ein von Dir unterschriebenen Fall in einem Akt gefunden, das fühlt sich einfach nicht korrekt an, dass Du nicht die Pension noch jahrelang genießen kannst.

Ich habe beinahe Deine ganze Bob-Dylan-Platten auf meiner Festplatte, Leonard Cohen, ziemlich retro aber gut. Ich hatte ja gerade noch den Schwung ins Fm4-Universum gefunden. Eigentlich war ich aber schon mehr auf Klassik und insbesondere Kammermusik versessen, als Du mich mit Tschaikowski-Aufnahmen von Sir Neville Marriner überraschtest, die Du auch in Deinen unendlichen Musikschätzen gehortet hast.

Und so war ich dann für eine Zeit Mitglied im Bestelltem 2001, und die horrenden Portokosten zu teilen. Noch lange nach Deiner Versetzung in den Ruhestand trudelten die Kataloge ein, die wehmütig ans Vergehen der Zeit erinnerten.

Ich erinnere mich auch an die gemeinsamen Besuche im Theater Phönix, wenn ich wieder 2 Karten gewonnen hatte. Im Gegensatz zu Dir schon immer ein früher Vogel, kämpfte ich beim abschließenden Kunstachterl oder –vierterl mit dem Schlaf. Auch wenn Du meinen Feminismus manchmal übertrieben fandst oder bloß zum Provozieren aufgelegt mit mir heftig streiten konntest, warn wir doch auf einer Welle gegen jegliche Form von Diskriminierung, Autoritarismus oder Faschismus, empfindlich für die Ungerechtigkeiten der (kapitalistischen) Welt.

Dass Du nie einer der typischen Rentner mit zuviel Tagesfreizeit werden wirst, der aus lauter Langeweile ständig in Deiner alten Arbeitsstätte aufkreuzt, habe ich erwartet, aber ab und zu hättest Du Dich schon blicken lassen können. Ich hatte nur eine alte Telefonnummer von Deinem Bruder, die Du Telefonverweigerer mir einmal überlassen hast.

Hattest Du noch Kaninchen, wer kümmert sich dann um die. Wohin bist Du in Vorcoronazeiten noch verreist?

Welche Frechheit, als Du einmal zu erkennen glaubtest, wir seien ja fast gleich alt, dabei habe ich nur viel schneller studiert als ein gemeinsamer Bekannter. Ja und heute hoffe ich, viel älter als Du zu werden.

Es fühlt sich einfach nicht ok an, dass Du nicht mehr da sein sollst, und ich hätte gerne an Deinem „Fest“ teilgenommen, aber inzwischen gehöre ich auch zur Risikogruppe (jaja das geteilte Laster Rauchen trägt auch dazu bei) und bin immer so erschöpft, dass ich jede Minute daheim zur Erholung brauche. Also blieb nur der livestream, wenigstens sah mich niemand heulen. Dein Christian hat Deinen Stolz verdient