ANZEIGE AUFGEBEN

Anzeige aufgeben

Schalten Sie Ihre Anzeige in der Zeitung

Über unser Online-Anzeigensystem können Sie in wenigen, einfachen Schritten eine private Traueranzeige in aller Ruhe selber gestalten, ausdrucken und online aufgeben.

Traueranzeige aufgeben

Kinderarzt mit universellem Interesse

Nachruf auf Herbert Plass (1926)
Goethes Faust konnte er passagenweise völlig auswendig rezitieren, aber auch in naturwissenschaftlichen Fragen überraschte er seine Familie immer wieder mit seinem großen Wissen.

Sechs Kinder scharten sich um Herbert Plass und seine Frau Elfriede, bei längeren Autofahrten vertrieb er ihnen gerne die Zeit durch Prüfungsfragen aus allen möglichen Gebieten.

Kennengelernt haben sich die beiden 1943 während eines Linzer Sportfestes. Herbert hatte gerade im Stiftsgymnasium Kremsmünster die Kriegsmatura abgelegt und stand vor seiner Einberufung. Was er in den darauffolgenden Jahren erlebt hat, behielt er stets bei sich, so sehr ihn seine Kinder auch danach gefragt haben.

Bitterarm, ausgestattet bloß mit einem Koffer voller Erdäpfel, begab er sich nach dem Krieg nach Innsbruck zum Medizinstudium, das er 1951 in Rekordzeit abschloss. Zwei Jahre zuvor heiratete der aus St. Valentin stammende Sohn eines Rechtsanwalts seine Elfriede und absolvierte den Turnus, bevor er sich am Kinderkrankenhaus, das damals in Haid angesiedelt war, zum Kinderarzt ausbilden ließ. 1959 eröffnete er in Linz seine Ordination. Sie war eine der wenigen Kinderarzt-Ordinationen in Linz, dementsprechend hoch war die Frequenz. "Wir hatten bis zu 150 Kinder am Tag ", sagt Maria Bauernfeind, die Plass ab 1975 als Assistentin zur Seite stand.

Sein einziges Interesse in der Behandlung galt der Gesundheit der Kinder. "Was wäre, wenn das meine Kinder wären", soll er in manch schwierigen Situationen gesagt haben. "Gab es Epidemien, war Vater von sieben Uhr früh bis 23 Uhr unterwegs", erzählt Tochter Elke Plass, die auch von Patienten berichtet, die in der Freizeit zu ihm ins Wochenendhaus nach Pregarten gebracht wurden. "Der Vater hat ihnen geholfen, einmal setzte er ein Mädchen mit Gehirnhautentzündung kurzerhand ins sein Privatauto und chauffierte es ins Krankenhaus."

Ihr Vater konnte noch vor wenigen Wochen, betreut von seiner Pflegerin, die Terrasse betreten und Natur und Wanderer beobachten. Früher ließ er sich als geprüfter Jäger gerne zur Jagd einladen, mit seinem Boxerhund war er viel unterwegs in der Gegend, und alle zwei Wochen fuhr er abends nach Linz zum Stammtisch.

In seinen letzten Lebenstagen wurde er müde, und es schien, als hätten ihn schließlich die schlimmen Kriegserfahrungen seiner Jugend eingeholt, weil er plötzlich über Albträume vom Zweiten Weltkrieg klagte: "Hitler kommt, wir müssen marschieren", sagte er zu Tochter Elke.

Bloß fünf Tage sei er bettlägerig gewesen. Während sein Gehör bereits sehr schlecht war, konnte er bis zum Schluss ohne Brille lesen. Mit Vorliebe studierte er noch immer aktuelle Entwicklungen in der Medizin.