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Der Universitätsdozent mit dem riesigen Herzen für Steyr

Nachruf auf Oswald Graf (1962)
"Eigentlich war alles ganz selbstverständlich: Dass wir miteinander sprachen, gemeinsam nachdachten, zusammen lachten, weinten, stritten und liebten. Eigentlich war alles selbstverständlich – nur das Ende nicht."

Diese Zeilen sind auf der Parte für den Steyrer Radiologen und Universitätsdozenten Oswald Graf zu lesen. Der Experte im Bereich der Brustkrebsdiagnostik starb am 15. Oktober nach kurzer, schwerer Krankheit im 59. Lebensjahr. Seine Gattin Claudia, die Kinder Christina und Philipp, seine Verwandten sowie die zahlreichen Kollegen und Freunde trauern. Die Erinnerung an den großartigen Menschen "Ossi" wird bleiben.

Gemeinsam mit seiner Schwester Valentina wuchs das am 27. Juli 1962 geborene Arbeiterkind im Steyrer Stadtteil Münichholz auf. Zielstrebigkeit, Konsequenz, Offenheit und Lebenslust zeichneten ihn schon früh aus. Während seiner Schullaufbahn im Steyrer Gymnasium legte er einen Zwischenstopp in Form einer Optikerlehre ein, maturierte im Jahr 1982 und startete danach ein Schnupperstudienjahr in Biochemie und Latein. 1983 begann er mit dem Medizinstudium in Wien, das er in Rekordzeit nach sechs Jahren abschloss. "Schon während des Studiums faszinierte ihn das damals boomende Fach der Radiologie", erinnert sich Professor Thomas Helbich, Leiter der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin Wien. 1990 begann er die Ausbildung zum Facharzt für Radiologie, wo rasch sein besonderes Talent, seine Lernfähigkeit und sein Einsatzwille erkannt wurden. Ein Forschungsstipendium führte ihn 1996 für ein Jahr an die ehrwürdige Harvard Medical School in die USA.

Zu diesem Zeitpunkt war er bereits mit Claudia verheiratet, die er im Studentenheim kennen und lieben gelernt hatte. "In Amerika war unsere damals einjährige Tochter Christina dabei", sagt Claudia Graf, "für ihn war damals schon klar, dass er zurück in seine Heimat wollte. Seine Kinder sollten in Steyr aufwachsen."

Trotz zahlreicher spektakulärer Publikationen, großem Expertenwissen im Bereich der Computertomographie und Angebote für eine Klinikkarriere in Wien kehrte er im Sommer 1997 - Sohn Philipp war damals zwei Wochen jung - nach Steyr zurück und baute hier ein Institut für Computertomographie auf. "Er hat mit seiner Expertise die Interpretation von CT-Bildern nachhaltig zum Wohle seiner Patientinnen revolutioniert", sagt sein Kollege Thomas Helbich, "die Wissenschaft hat ihn aber nie losgelassen, auf seine Publikationen sind sogar die Kollegen in den USA aufmerksam geworden." Dieses Kunststück gelinge kaum einem Europäer. 2006 erhielt Oswald Graf den Titel Universitätsdozent der Med-Uni Wien. Er war federführend für die Implementierung des Brustkrebsfrüherkennungsprogramms in Österreich verantwortlich und etablierte in Steyr das Fortbildungszentrum, an das Generationen von Radiologen pilgerten. Dieses wird künftig von Claudia Graf im Sinne ihres verstorbenen Gatten fortgeführt.

"Ossi" war zwar ein großartiger Mediziner, er war vor allem aber ein Familienmensch und guter Freund. "Beides war ihm sehr wichtig. Er hat das Leben genossen", sagt Claudia Graf, "wir waren auch viel auf Reisen und haben unseren Kindern die Welt gezeigt."

25 Jahre lang war Graf bei den Garstner Fußball-Senioren aktiv, Tennis, Schifahren, Mountainbiken, gutes Essen und seine Gitarre waren weitere Hobbys. "In den vergangenen Jahren haben wir viele gemeinsame Motorradtouren durch halb Europa unternommen", erinnert sich der Steyrer Allgemeinmediziner Manfred Rausch. Zudem war "Ossi" sozial engagiert, in jüngeren Jahren beim Round Table 7 Steyr, später als Gründungsmitglied des Club 41 Styria.

Wie sehr er das Leben genoss, beschreibt Thomas Helbich: "Es ist unvergesslich, wie Ossi während eines sündteuren Ausbildungskurses in Neuss am Nachmittag einfach verschwunden ist. Er hat nur gesagt: ,Wenn ich schon einmal in Köln bin und der FC Bayern hier spielt, dann schau ich mir das Fußballspiel ganz sicher an.‘ Ich ärgere mich bis heute, dass ich nicht mitgegangen bin."

Oswald Graf hat mit seinem Wissen vielen Menschen das Leben gerettet. Es ist ein besonderes Schicksal, dass gerade bei ihm selbst die heißgeliebte Radiologie keine frühzeitige Diagnostik der Krankheit ermöglichte. An seinen Freund Helbich richtete Ossi Graf noch eine letzte Aufforderung: "Tom, investiert noch mehr in die Forschung. Ihr habt die Möglichkeiten. Lasst das, was mir passiert ist, sich nicht wiederholen."

Oswald Graf wurde im engsten Familien- und Freundeskreis auf dem Friedhof St. Ulrich bestattet.