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Er konnte die Welt mit Kinderaugen sehen

Nachruf auf Werner Gerstl (1944)
Kinder sind unsere Zukunft und die Hoffnung, dass die Welt anders wird, als sie ist", sagte Psychiater Werner Gerstl einmal in einem Interview mit den OÖNachrichten.

Der Mediziner, der am 29. November im 76. Lebensjahr verstorben ist, war ohne Zweifel einer der Pioniere der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Österreich.

Am 2. Juli 1944 in Wien geboren, wuchs Werner Gerstl in St. Georgen im Attergau auf. Nach dem Medizinstudium in Wien begann er in der ehemaligen Landeskinderklinik Linz seine Turnusausbildung. Schon früh interessierte er sich für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten und war in den 1970er-Jahren Pionier auf diesem Gebiet.

Er machte die Ausbildung zum Facharzt in der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg. Bis 1985 war er Oberarzt auf der Internen Abteilung, 1986 wurde er Primar der neu geschaffenen Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Kinderspital und blieb das bis zu seiner Pensionierung 2009.

Gerstl war zudem jahrelang Ärztlicher Leiter des Sonderkrankenhauses im Linzer Diakonie-Zentrum Spattstraße. Während seines Berufslebens arbeitete er tagtäglich mit Kindern, die missbraucht wurden, psychisch krank oder magersüchtig waren. "Kinder sind in unserer Gesellschaft am schwächsten. Ich will ihnen nicht nur Therapien anbieten, sondern herausfinden, warum ein junger Mensch den Anschluss an die Gesellschaft verliert. Einfach aufhören zu forschen, wenn man keine biologische Krankheit findet, ist falsch", erklärte Gerstl seine Motivation.

Neben seinem "Hauptjob" arbeitete er auch als gerichtlich beeideter Sachverständiger und war Vortragender an Fachschulen, Akademien und bei unzähligen Fachtagungen und Kongressen. Er war Mitbegründer vieler Vereine, die sich um das Wohl von Kindern und Jugendlichen bemühen. Im Rahmen seiner umfangreichen karitativen Tätigkeiten hat er kranken und beeinträchtigten Kindern aus dem früheren Jugoslawien geholfen und sie nach Österreich zur Behandlung gebracht.

Obwohl Werner Gerstl voll und ganz in seinem Beruf aufging ("Ich hätte keinen besseren finden können"), bezeichnete er doch immer seine Familie als größten Erfolg. Drei Söhne hatte der Arzt mit seiner Ehefrau, der jüngste ist beeinträchtigt. "Florian hat mein Leben unglaublich bereichert, und ich habe gelernt, die Schwerpunkte meines Daseins neu zu ordnen", erzählte der Mediziner in einem Interview.

Der Arzt, der nach seiner Pensionierung als Sachverständiger weiterarbeitete, war Träger des Goldenen Ehrenzeichens und des Menschenrechtspreises des Landes Oberösterreich. 2008 wurde ihm der Titel "Professor" verliehen.

"Bescheidenheit und Erkenntnis sind die Schlüssel des Lebens", sagte er immer wieder. Er hinterlässt seine Ehefrau und die drei erwachsenen Kinder.