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Botschafterin der gehobenen Tischkultur

Nachruf auf Luise Baumann (1925)
Ein gutes Gespür für die Bedürfnisse eines wachsenden Marktes, Beharrlichkeit und Konsequenz im Umgang mit Geschäftspartnern und Stilsicherheit in Fragen der Tischkultur.

Mit diesen Eigenschaften ausgestattet prägte Luise Baumann des Aufstieg jenes Familienunternehmens, das sie gemeinsam mit ihrem Mann Franz führte. War Franz Baumann der Mann, der die Glaserei-Sparte leitete, so war Luise Baumann die Frau hinter dem Porzellan- und Haushaltswarengeschäft in der Perger Herrenstraße, dem Großhandel sowie in der Buchhaltung des Unternehmens - um dabei zusehends als gleichberechtigte Chefin in Erscheinung zu treten - und das in Zeiten als dies keineswegs der Platz war, der einer Frau in der Gesellschaft zugedacht war.

Geboren als Luise Höfinger in Saxen durchlebte sie in ihrer Jugend die Wirren, Ängste und Entbehrungen der Kriegszeit. Geldentwertung, Lebensmittelmangel, Massenarbeitslosigkeit - eine Erfahrung, die sie später als Geschäftsfrau nie vergessen sollte. Nach dem Hauptschul-Abschluss beginnt sie in der Sparkasse Grein zu arbeiten. Sie machte sich als technisch versierte Buchhalterin einen Namen und wechselte nach dem Krieg zur Sparkasse Perg. Eine beachtliche Karriere im Bankwesen wäre ihr wohl gewiss gewesen. Doch es kam anders - in der Person des jungen Glasermeisters Franz Baumann, der auf der gegenüberliegenden Seite des Perger Hauptplatzes wohnte und den sie im Jahr 1948 heiratete. So ließ Luise Baumann die Sparkasse hinter sich und widmete sich nun dem Aufbau des Betriebs ihres Mannes. Das war in den Zeiten der Mangelwirtschaft unmittelbar nach dem Krieg kein leichtes Unterfangen. Viele gute Kontakte waren notwendig, um Liefer- und Bezugsquellen zu erschließen. Auch die Transport-Logistik gestaltete sich schwierig, lag doch Perg damals inmitten der sowjetischen Besatzungszone. Lieferungen von Geschirr und Gläsern kamen per Bahn nach Perg und wurden mit dem Fuhrwerk vom Bahnhof ins Stadtzentrum gebracht. Nach Geschäftsschluss arbeitete Baumann die Buchhaltung auf und widmete sich der Erziehung ihrer beiden Kinder Franz und Eveline.

Mit dem Wirtschaftsaufschwung ab Beginn der 1960er Jahre wandelte sich auch das Unternehmen. Das Sortiment wuchs und Luise Baumann trug dem wachsenden Wohlstand insofern Rechnung als sie sich verstärkt exklusiven Herstellern wie Stölzle Glas, Hutschenreuther oder Arzberg zuwandte. Sie war eine Pionierin der Auslagenwerbung, der Hochzeitslisten und investierte sogar in Kino-Werbung. Die Grundlagen des kaufmännischen Handwerk ließ sie dabei nie aus den Augen. "Bei Lieferanten Rabatte und bessere Lieferbedingungen zu verhandeln bereitete ihr zeitlebens eine große Freude", sagt ihr Sohn und Betriebsnachfolger Franz Baumann III.

Entspannen und zu neuer Schaffenskraft finden konnte Luise Baumann vor allem in den Bergen. Und bei ihren Freundinnen im Perger Turnverein, wo sie 70 Jahre lang Mitglied war. In diesem Freundeskreis fühlte sie sich auch in ihrem Ruhestand ab Mitte der 1980er Jahre. Der neu erbaute Alterssitz am Perger Dollberg war ihr geschätztes Domizil, in dem sie auch nach dem Tod ihres Ehegatten bis ins hohe Alter Haushalt und Garten in Schuss hielt. Erst ein Sturz im Jänner dieses Jahres brachte ihre bis dahin eiserne Gesundheit ins Wanken. Ein Einschnitt, von dem sie sich nie wirklich erholen sollte.