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Der Hofschreiber aus dem Eferdinger Becken

Nachruf auf Karl Leibetseder (1943)
Nachruf auf Karl Leibetseder, leidenschaftlicher Gemüsebauer aus Pupping.

Stundenlang konnte sich der "Hofschreiber", so der Hausname von Karl Leibetseders Hof in Wörth, in seinem Folientunnel aufhalten und dem "Gemüse beim Wachsen zuschauen", wie es Tochter und Hofnachfolgerin Gabi Hinterberger bezeichnet.

Nur sehen sollte ihn dabei niemand und er erlaubte sich diesen "Luxus" erst in seiner allerletzten Lebenszeit. Auch mit seinen Enkeln genehmigte er sich Spaziergänge an Wochentagen erst zuletzt. Früher, so erinnern sich seine Töchter, gab es private Ausflüge nur sonntags. Das Ziel waren die weit verbreiteten Felder von Karl Leibetseder rund um Pupping.

War es früher Salat, Karfiol und Kohlrabi, merkte Karl als junger Hofübernehmer in den 1970er-Jahren, dass damit zu wenig zu verdienen war, und tüftelte an Alternativen. Der aufkommende Erdbeer-Boom kam ihm dabei recht und der Hofschreiber war vorn mit dabei, als die ersten Erdbeerfelder zum Selberpflücken einluden. Er suchte auch nach einer Auslastung seiner Kapazitäten für den Winter und stieß dabei auf den Chicoreé.

Karl Leibetseder war immer am Suchen und Überlegen, was wo am besten gedeihen würde und zu verkaufen wäre. Gerne bediente er sich bei seinen Unternehmungen seiner Berufskollegen. "Du, ich möchte dich was fragen", begann er seine Unterhaltungen mit ihnen regelmäßig, wenn er etwas benötigte. "Der Hofschreiber kam, stets bekleidet mit einem grünen Arbeitsmantel, immer persönlich, er benutzte nie ein Handy", sagt Gemüsebauer Nikolaus Reisenberger, der dem Hofschreiber mit dem Maschinenring oft helfen konnte.

Umtriebig war Leibetseder von Kindheit an. Schon als Schulbub sammelte er mit einem Leiterwagen Eisen aus dem 2. Weltkrieg und machte es zu Geld. Später war er ein gefragter Mechaniker für Traktoren oder liegen gebliebene Autos. Zusätzliches Einkommen schöpfte er als Eisstecher an der Aschach für das Eferdinger Bräuhaus. 1970 stand Karl vor der Situation, nach dem plötzlichen Tod seines Vaters den großen Hof zu übernehmen, nachdem seine Mutter schon neun Jahre zuvor gestorben war.

Die Ehe mit Josefine brachte frisches Leben ins Haus, vier Töchter wurden geboren und der immer bescheiden gebliebene Hofschreiber fand Zeit, seine Hobbys wie das Sammeln alter Kofferradios zu pflegen, die er auf Flohmärkten aufstöberte. Auf dem Dachboden seines Hofes lagerten sogar Teile eines im Krieg abgestürzten Flugzeugs.

2016 übergab er den Betrieb an seine Tochter Gabriele, die zunächst etliche Flächen verpachtete, mit ihrem Mann Bernhard aber jetzt begann, den Hof quasi neu als Direktvermarkter zu starten. Ihr Vater sah darin nicht nur "ka Problem", wie er immer sagte, sondern er war mit Riesenfreude dabei. Voller Eifer schmiedete er so wie früher Pläne, welches Gemüse jetzt wo am besten gedeihen würde, und am letzten Nachmittag vor seinem Herzinfarkt fräste er sogar noch die Erdbeerfelder.