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Der Arbeiterführer vom Dachstein

Nachruf auf Johann Höll (1939)
Die traditionsreiche Arbeiterbewegung im inneren Salzkammergut verlor am Montag einen großen Mann: Johann Höll, SP-Bürgermeister von Obertraun (1973–1988) und Nationalratsabgeordneter (1983– 1986, 1988–1990) erlag im Krankenhaus von Bad Ischl im Alter von 87 Jahren einem Schlaganfall, den er einige Tage zuvor erlitten hatte.

Von seinem Wesen her war Höll immer ein Verkäufer, sagen Leute, die ihn kannten. Und so begann er auch: als Verkäuferlehrling in der Konsumgenossenschaft Salzkammergut. Dort wurde er zum jüngsten Filialleiter und trieb den Umsatz auf Rekordhöhe. "Ich durfte ihn als Kind begleiten, wenn er schon vor Geschäftsbeginn die Semmeln in seinem Mini Cooper selbst ausfuhr", erinnert sich sein Sohn Egon Höll.

Hemdsärmliger Politiker

1969 wurde Johann Höll Zentralbetriebsratsvorsitzender des Salzkammergut-Konsums. Kurze Zeit später übernahm er auch die Leitung seiner Heimatgemeinde und wurde Bürgermeister von Obertraun.

Höll war kein windschlüpfiger Politiker moderner Art, sondern ein hemdsärmeliger Macher, der gut mit den Leuten konnte und sich für sie einsetzte. Vor allem aber waren ihm Ergebnisse wichtiger als akademische Grundsatzdiskussionen. Obertraun drückte er so seinen Stempel auf: Die Krippensteinabfahrt wurde zur längsten Abfahrt des Landes ausgebaut, der Ostuferweg am Hallstättersee entstand, und die Gemeinde sicherte sich Ufergrundstücke, um sie für die Öffentlichkeit zu bewahren.

"Mein Vater lehrte mich, politisch zu denken", sagt sein Sohn Egon Höll, der als Volksschüler zu Hause in der Arbeiterzeitung das Lesen lernte. "Wie alle Väter seiner Generation, hatte er nicht besonders viel Zeit für uns zwei Söhne, aber es war ihm sehr wichtig, dass wir eine gute Ausbildung erhalten." Egon Höll studierte, wurde Lehrer und übernahm 2003 unversehens das Vermächtnis seines Vaters, indem er selbst zum Bürgermeister gewählt wurde. "Mein Vater hat sich darüber gefreut, auch wenn wir inhaltlich manchmal Differenzen hatten und darüber diskutierten", erinnert sich Höll junior.

Als er am Montag seinen Vater zum letzten Mal im Krankenhaus besuchte, lag dieser bereits im Koma. "Du hast in deinem Leben genug geleistet", verabschiedete Egon Höll sich leise von ihm. "Jetzt darfst du einschlafen."